Am 22. März 1945 legte ein Bombenangriff nur wenige Tage vor Kriegsende die Hildesheimer Innenstadt in Schutt und Asche. An diesem Tag wurde auch das bedeutsame Kaiserhaus zerstört. Es war das einzige steinerne Renaissance-Baudenkmal in Hildesheim.
Nach dem Krieg wurden dringend Wohnungen gebraucht, an einen Wiederaufbau des Kaiserhauses dachte damals niemand. Die aus den Trümmern geretteten Reliefs und Skulpturen der Fassade wurden erstmal in der damaligen Ruine der Martinikirche eingelagert. Erst zehn Jahre später erwachte wieder Interesse an den eingelagerten Fassadenelementen. Mehrere Kaisermedaillons wurden 1955 in die Pfaffenstiegmauer integriert. Mit Teilen aus dem Jagdfries und Flachreliefs der Jahreszeiten wurden Innenwände und Treppenaufgänge des neuen Rathauses geschmückt.
1972 untersuchte Denkmalpfleger Kurt Fleige mit Hilfe von Steinmetz Karl-Heinz Mädel einen mit Taubenkot überzogenen Steinhaufen in der Ruine der Martinikirche. Sie fanden Bauteile und Überreste der Kaiserhausfassade. Insgesamt waren etwa noch 75 Prozent der Fassade vorhanden, wenn auch in Bruchstücken.
Einzelpersonen, Gruppen und Vereine engagierten sich und sammelten Spenden. Immer wieder gab es Anläufe, Teile der Kaiserhausfassade zu sanieren. Immer wieder wurde kontrovers diskutiert, vor allem um den Standort.
Im April 1993 lud Oberstadtdirektor Buerstedde Heinz Geyer zu einem Gespräch ein. Es ging um Vorstellungen zu Standort, Umsetzung und Finanzierung des Bauwerks. In der Folgezeit kam Bewegung in das Vorhaben Kaiserhausfassade. Der vom Baudezernat der Stadt ausgeschriebene Wettbewerb favorisierte einen Entwurf mit einer Atriums-Lösung (Architekt Hermann Kraft). Zwei getrennte Baukomplexe, die sich im Eigentumsverhältnis und in der Nutzung unterscheiden, so lautete Heinz Geyers Idee. Aber es fehlten Investoren zur Realisierung. Die Landschaft des vormaligen Fürstentums Hildesheim äußerte Interesse, sich an diesem Vorhaben finanziell zu beteiligen. Ignaz Jung Lundberg, Syndikus der historischen Landschaft und Heinz Geyer setzten sich nun gemeinsam für die Realisierung der Kaiserhausfassade ein und erreichten ihr Ziel. Die Stadtsparkasse übernahm den gesondert zugänglichen Teil mit Eigentumswohnungen. Der andere Teil wurde als Bürohaus konzipiert. Die VGH, die Landschaft und Heinz Geyer finanzierten jeweils eine Etage. Der Atriumentwurf wurde mit einer Änderung zugrunde gelegt: Statt der geplanten Ausrichtung zur Kardinal-Bertram-Straße erfolgte die Anbringung der Kaiserhausfassade am Alten Markt. Immer noch gab es Finanzierungslücken. Es fehlte an Mitteln für die Wiederanbringung der Fassade und notwendige Steinergänzungen. Der Förderverein Wiederherstellung Kaiserhausfassade wurde gegründet. Die Stadt Hildesheim stellte das Grundstück kostenlos zur Verfügung mit der Auflage, dass die Investoren es anteilig kauften und der Erlös zur Errichtung der Fassade verwendet wurde.
Der Grundstein für den Wiederaufbau wurde am Alten Markt am 22. März 1997 gelegt. Genau 52 Jahre nach der Zerstörung des Kaiserhauses. Eineinhalb Jahre später, am 16. Oktober 1998, wurde die Fassade feierlich eingeweiht.
Steckbrief
Baujahr: 1585/87
Bauherr: Caspar Borcholt
Zerstörung: 22. März 1945
Restaurierung: 1955–1998
Grundsteinlegung: 22. März 1997
Bauherren: Landschaft des vormaligen Fürstentums Hildesheim, VGH, Heinz Geyer
Einweihung: 16. Oktober 1998